Schlechte Accessibility = Schlechte UX
Erfahre, wie stark die Erfüllung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung die User Experience von Websites und Apps für uns alle erheblich verbessert.
Was bedeutet Barrierefreiheit für Unternehmen und welche Vorteile bietet sie? Welche Auswirkungen hat Barrierefreiheit auf die User Experience?
Es gibt viele falsche Vorstellungen, die Barrierefreiheit als ein komplexes, teures und zeitaufwändiges Projekt erscheinen lassen, das weder relevant noch wirklich sinnvoll ist.
Nicht erst seit der Einführung des EAA ist es Zeit, um diesem Vorurteil aufzuräumen. Wir zeigen dir Tipps, Tools und ein umsetzbares Vorgehen, wie Unternehmen Barrierefreiheit nicht nur umsetzen, sondern für sich als Erfolgsfaktor nutzen können.
Warum Barrierefreiheit so wichtig ist
Kurz Updates checken, die Zugverbindung raussuchen, einen Artikel lesen, ein Video gucken oder einem Freund eine Nachricht schicken – Selbstverständlichkeiten, mit denen wir einen Grossteil unserer Zeit verbringen.
Was aber, wenn du die Website oder App nicht bedienen kannst, den Text nicht lesen oder die Sprachnachricht und das Video nicht hören kannst? Für viele undenkbar und leider für sehr viele eine alltägliche Herausforderung.
Dabei betreffen Beeinträchtigungen bei Weitem nicht nur das tagtägliche Leben von Menschen mit permanenten Behinderungen wie Gehörlosigkeit. Behinderungen gibt es in allen Formen und Graden und können darüberhinaus dauerhaft oder nur vorübergehend sein.
Eine vorübergehende Erkrankung wie eine Ohreninfektion oder eine situative Beeinträchtigung – wie beispielsweise die Fahrt in einem lauten Zug – kann zu ähnlichen Einschränkungen in der Benutzung einer App oder Website führen, wie sie jemand erfährt, der taub geboren wurde.
Accessibility für alle
Häufig wird Accessibility auf Tastaturbedienbarkeit, die Textausgabe von Bildinformationen und saubere technische Semantik reduziert. Während diese Optimierungen für eine Vielzahl eingeschränkter Personen essentiell sind, wird dabei vergessen, dass die überwältigende Mehrheit an Accessibility-Optimierungen allen Benutzer*innen hilft.
«When we design for disability first, you often stumble upon solutions that are better than those when we design for the norm.»
Ein paar Beispiele von Optimierungen, die sowohl Menschen mit, als auch ohne Beeinträchtigungen helfen:
Elemente mit ausreichendem Kontrast und unkritischen Farben und Farbkombinationen ermöglichen nicht nur die Lesbarkeit für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen wie partieller Erblindung, Farbenblindheit oder Lichtempfindlichkeit.
Auch Nutzer*innen mit ermüdeten Augen, mit abnehmendem Sehvermögen z.B. aufgrund höheren Alters oder unter schwierigen Lichtverhältnissen, wie direkter Sonneneinstrahlung oder Dunkelheit, können Inhalte mit hohem Kontrast besser erkennen.
Einfache, verständliche Sprache, gut strukturierte Inhalte und ruhige Bilder oder Videos sind für Menschen mit Dyslexie, Aufmerksamkeitsstörungen und anderen kognitiven Beeinträchtigungen wie z.B. ADHS eine enorme Hilfe. Genau so sind Benutzer*innen, die unter Überforderung oder Stress leiden sowie Menschen die eine neue Sprache lernen über eine einfache Aufbereitung in Form und Schrift dankbar. Ganz ehrlich: auf wen trifft das nicht zu?
Dies kann von einem erläuternden Bild bis zur Unterstützung einer Aktion mittels passendem Icon reichen. Klare Aufforderungen, eine klare Strukturierung, die Unterscheidung von primären und sekundären Aktionen, präzise Labels in Formularen u.a. unterstützen zudem die Conversionrate massgeblich.
Die Untertitelung von Videos unterstützt nicht nur ganz wie auch teilweise blinde Menschen. Auch Menschen mit vorübergehenden Erkrankungen wie einer Ohrenentzündung sind dank der Audiodescription in der Lage, dem Inhalt eines Videos zu folgen.
Wir alle kennen zudem Situationen, in denen wir aufgrund einer lauten Umgebung den Ton eines Videos nicht hören oder aufgrund einer uns fremden Sprache oder starkem Dialekt nicht verstehen können.
Die Ausgabe von alternativem Text für Bilder und anderen Inhalten ist nicht nur für Screenreader – wie sie blinde Personen benutzen – elementar, um Website- oder App-Inhalte vorgelesen zu bekommen.
So genannte Alt-Texte sind auch für Menschen in Entwicklungsländern und wenn unser Internet mal wieder spinnt wichtig. Wenn Bilder langsam bis gar nicht laden erhalten wir so schon anhand der Bildbeschreibung einen Anhaltspunkt darüber, um was es geht.
Ganz abgesehen von der Relevanz von Alt-Texten für Suchmaschinen und einem daraus resultierenden besseren Ranking der Website.
Einfach erreichbare und ausreichend grosse Clicktargets wir Buttons helfen nicht nur Menschen mit motorischen Einschränkungen wie z.B. Zittern.
Auch in Situationen, in denen wir nur eine Hand zur Verfügung haben sind wir dankbar, wenn sich Designer*innen über diese Faktoren Gedanken gemacht haben.
Jeder kennt zudem wohl die Frustration auch nach dem fünften Mal nicht den gewünschten Button getroffen zu haben, weil er einfach zu klein ist für unsere Finger.
Accessibility lohnt sich
Wie man sieht, geht Accessibility weit über die Einhaltung von Normen und gesetzlichen Vorschriften hinaus. Barrierefreie, benutzerfreundliche Webseiten und Anwendungen sind besser für ALLE – nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Eine vollumfänglich verstandene Definition von Barrierefreiheit ermöglicht eine nahtlose User Experience, die unterschiedliche Fähigkeiten, Kontexte und Situationen berücksichtigt und alle Nutzer*innen einbezieht.
Leider werden insbesondere im Unternehmenskontext temporäre und permanente Einschränkungen allzu oft vergessen oder der Aufwand als zu hoch eingestuft. Auch die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen werden oft unterschätzt oder schlicht ignoriert. Eine fahrlässige Praxis, die nicht nur Unternehmen, sondern auch deren Marke schwächt.
Eine Liste von Chancen, die Unternehmen mithilfe von Accessibility ergreifen können:
Barrierefreie, benutzerfreundliche Webseiten und Anwendungen sind besser für ALLE – nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen, optimieren die gesamte User Experience und unterstützen zudem die Conversionrate massgeblich.
Alleine in der Schweiz wird die Anzahl Menschen mit Behinderungen auf rund 1.7 Millionen geschätzt. 1.3 Milliarden Menschen weltweit und über 100 Millionen Menschen in der EU haben eine Behinderung.
Unternehmen, welche diese grosse Anzahl potenzieller Kunden vernachlässigen, verschliessen sich einem enormen Markt mit beachtlicher Kaufkraft.
Barrierefreiheit fördert die Vielfalt und stellt sicher, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten, das Produkt oder die Dienstleistung in vollem Umfang nutzen und sich entfalten können.
Unternehmen, die Barrierefreiheit nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance begreifen, können Inklusivität, Diversität und Chancengleichheit als Teil ihrer Marke etablieren und die Markentreue stärken, indem sie sicherstellen, dass alle Menschen ihr Produkt oder Dienstleistung in vollem Umfang – unabhängig von ihren Fähigkeiten – nutzen können.
Mit dem European Accessibility Act (EAA) endet am 28. Juni 2025 die Übergangsfrist für die neuen rechtlichen Anforderungen. Es folgen ähnliche Konsequenzen wie bei der Einführung der DSGVO: von hohen Geldstrafen bis hin zum generellen Verbot, Geschäfte zu tätigen. Davon betroffen sind alle Unternehmen, die in der Europäischen Union Produkte oder Dienstleistungen anbieten – unabhängig davon, wo diese Organisation ihren Sitz hat.
Lerne mehr über die Anforderungen des European Accessibility Act (EAA), welche Konsequenzen dieser auf dein Unternehmen hat und stelle deine Fragen in unserem kostenlosen Webinar am 28. November 2024.
Wie kannst du Accessibility umsetzen?
Die Barrierefreiheit einer Website oder App bedarf durchaus einiger Anstrengungen und Ressourcen, allerdings sind sie weit nicht so hoch wie gemeinhin angenommen. Im Rahmen eines modernen Ansatzes von userzentriertem Design und bei Projekten, die in der technischen Entwicklung dem aktuellen State-of-the-Art entsprechen, sind sehr viele Punkte bezüglich Barrierefreiheit bereits erledigt und die weiteren Schritte mit geringem Aufwand realisierbar.
Bei einem Website Redesign oder der Erstellung einer neuen Website ist es erheblich einfacher, alle Anforderungen an Barrierefreiheit von Anfang an zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt: je früher, desto besser. So können z.B. bereits digitale Brand Guidelines oder ein erster Designentwurf mit Unterstützung einer unabhängigen und auf Barrierefreiheit spezialisierten Firma wie der Stiftung «Zugang für alle» auf mögliche Stolperfallen getestet werden.
Für alle Unternehmen, die das volle Potenzial von Barrierefreiheit ausschöpfen möchten, haben wir im Folgenden bewährte Best-Practices als Ausgangspunkt zusammengefasst.
Es gibt einen Haufen konkreter Dinge, die Unternehmen sofort umsetzen können, um ihre digitalen Produkte barrierefrei zu machen.
Doch statt direkt mit der Umsetzung zu starten, empfehlen wir insbesondere für grössere Unternehmen zunächst eine gemeinsame Denkweise und Haltung zu etablieren, die alle einbezieht.
Grundlegende Fragestellungen, die sich Unternehmen stellen müssen, sind: Wer ist meine Zielgruppe und inwiefern betrifft sie Barrierefreiheit? Was bedeutet Accessibility für Inhalt, Funktion, Design und unser Unternehmen im Allgemeinen?
Nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Kosten und den intern benötigten Ressourcen müssen neben den Personen, die für Website und App verantwortlich sind, insbesondere auch Entscheider, Geschäftsleitung und angrenzende Disziplinen wie die interne Grafikabteilung die Relevanz von Accessibility verstehen und das Vorhaben aktiv unterstützen.
Nur wenn alle Beteiligten das gleiche Verständnis und Ziel haben, sind gute Lösungen mit langfristigen Erfolgsaussichten möglich.
Mach dich mit den gesetzlichen Vorgaben des European Accessibility Acts vertraut. Dazu gehört die Europäische Norm (EN) 301 549, welche die effektiven Barrierefreiheitsanforderungen beinhaltet. Elementar sind darüber hinaus die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).
Praktische Helfer, um die oft allgemein gehaltenen und abstrakten Anforderungen zu verstehen und schlussendlich auch umsetzen zu können sind:
Lass deine Website durch eine unabhängige Organisation wie der Stiftung «Zugang für alle» auf Barrierefreiheit testen.
Dabei gilt wie üblich: je früher, desto besser. Eine erste Einschätzung ist auch durch automatisierte Tools wie z.B. WAVE möglich. Diese ersetzen allerdings manuelle Testings nicht!
Inkludiere in deine Research-Arbeiten wie User Tests und Interviews unbedingt auch Menschen mit Behinderungen. Die Durchführung eines Accessibility Reviews und die Einbeziehung von Nutzern mit Behinderungen in den Testprozess können wertvolle Erkenntnisse liefern und zu Produkten führen, die eben nicht nur barrierefrei sind, sondern bessere Lösungen für alle liefern.
Erfülle die Barrierefreiheitsanforderungen des EAA, indem deine Website oder App Alternativtext für Bilder und andere Nicht-Text-Inhalte enthält, verwende klare und beschreibende und korrekt strukturierte Überschriften, stelle ausreichende Farbkontraste, die Möglichkeit der Navigation mittels Tastatur, Untertitel für Videoinhalte etc. sicher.
Kostenloses Webinar zum Thema
Wenn du mehr über die Anforderungen des European Accessibility Act (EAA) und welche Konsequenzen dieser auf dein Unternehmen hat erfahren möchtest, besuche unser kostenloses Webinar am 28. November 2024 und nutze die Möglichkeit, deine Fragen zu stellen.
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